Hier oben lässt’s sich leben

Ein Zeitreisebericht aus der Freien Waldorfschule Leipzig vom 26. bis 27. März 2018

Axel Tillmann hat sich vor 8 Jahren mit viel Werbung, Wahlversprechen und Korruption in die Politik eingekauft, wo er den Reichen und Mächtigen zu noch mehr Reichtum und Macht verhalf. Dies führte zu einer drastischen Zweiklassengesellschaft. Die Reichen leben seitdem mehr denn je im Überfluss, weit weg von den Slums und den Nöten der Armen. Tillmann hat seine Wahlversprechen nie eingehalten. Mit dem stetig steigenden Wohlstandsgefälle wachsen soziale Unruhen und es mehren sich Tumulte in den ärmeren Vierteln außerhalb der Stadt. Trotzdem bewirbt sich Axel Tillmann inzwischen schon zum dritten Mal um die Position des mittlerweile mit viel Macht ausgestatteten Präsidentenamtes.

Eine Szene, die sich im Jahr 2038 zugetragen hat…

Axel Tillmanns Büro. Tillmann sitzt hinter seinem Schreibtisch, im Hintergrund seine Sekretärin. Herein tritt ein Geschäftsmann.

Geschäftsmann: Guten Tag Herr Präsident. Ich habe meinen Teil der Abmachung eingehalten, sie werden mit 61% zum Präsidenten gewählt.

Axel Tillmann: WAS? Nur 61%?! Wir haben 70% ausgemacht. Ich möchte 70% haben! (winkt die Sekretärin herbei) Kümmern Sie sich darum, dass es 70% werden. 

Geschäftsmann: Immerhin Präsident… Wo war ich? Genau, ich möchte, dass auch Sie Ihren Teil einhalten. Ich will absolute Straffreiheit für mich und meine rechte Hand, Steuererlass für mich und meine Firma und ich will, dass meine Laufburschen weiterhin im Hintergrund tätig sein dürfen und in Ruhe gelassen werden.

Sekretärin kommt wieder.

Sekretärin: Entschuldigen Sie, aber 70% sind leider nicht möglich. Bei den Unruhen bei der Bevölkerung können wir nur auf 65% gehen. 

Axel Tillmann: Dann halt 65! (zum Geschäftsmann) Ihre Laufburschen können gerne machen, was sie wollen, Straffreiheit können Sie und Ihre rechte Hand auch bekommen, aber Steuererlass kann ich Ihnen nicht geben. Wir brauchen die Knete für die Unterschicht. Die müssen ruhiggestellt werden, sonst machen die noch mehr Ärger! 

Geschäftsmann: Dann werden wir also noch einmal darüber reden müssen… (geht ab)

Sekretärin: Ich konnte nur 64% erreichen… 

Eine heruntergekommene Bar in einem der Slums. Ein Barkeeper kümmert sich um die Gäste, während im Hintergrund der Fernseher läuft. Herein kommen zwei neue Gäste.

Tagesschausprecher: Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau, guten Abend! An diesem wunderschönen Tag ist es Axel Tillmann nun zum dritten Mal gelungen, sich im Wahlkampf durchzusetzen und seinen Platz im Präsidentenamt wieder einzunehmen. Mit einer klaren Mehrheit von 64% hat er auch dieses Mal die Zustimmung der Wähler sicher. 

Barkeeper: (zu den beiden Gästen) Na, Jungs, wen habt ihr denn gewählt? 

Gast 1: Na, den Tillmann. Ist zwar auch nicht toll, aber vielleicht besser als der restliche Mist. 

Gast 2: Bloß nicht den Tillmann. Der ist doch fast der Schlimmste von allen. 

Barkeeper: Was der schon wieder alles verspricht – Bedingungsloses Grundeinkommen ist es also dieses Jahr. Das wird doch eh wieder nichts, so viel wie der die letzten Jahre ‚gearbeitet‘ hat. Sagt mal Jungs, würde Euch das Grundeinkommen überhaupt zukünftig etwas bringen? Oder habt ihr letztendlich mehr mit Hartz IV in der Tasche? 

Gast 1: Naja, die haben mir schon wieder die Leistungen gekürzt. Wenn das so weiter geht, bekomme ich die Miete bestimmt nicht mehr zusammen. Man kann ja hoffen, dass es besser wird. 

Gast 2: Ich glaube schon, dass das Grundeinkommen besser wäre. Wir haben mehr verdient als nur die mickrigen Krumen vom großen Kuchen. 
Barkeeper: Wenn wir schon von Finanzen sprechen – ich kann Euch nur zwei Bier ausschenken, Ihr habt noch zu viele Schulden bei mir!