Ein Zeitreisebericht aus dem Reclam-Gymnasium Leipzig vom 6. bis 7. November 2017
Im Jahr 2037 sind in Deutschland Minderheiten anderer ethnischer Herkunft stark benachteiligt, im ‚besten Fall‘ ignoriert man sie. Wir befinden uns in einer Zweiklassengesellschaft, in der die Zugewanderten weniger Rechte und Chancen besitzen. Es gibt einen Herrscher: Peter Schnodt. Als Staatsoberhaupt hat er die Macht inne, nachdem rechte Parteien die Verfassung geändert und eine solche Herrschaftsform möglich gemacht haben.
In der realen Welt schotten sich die Menschen voneinander ab, es findet kaum Begegnung im öffentlichen Raum statt. Jeder lebt in seiner abgeschlossenen Blase. Eine von allen Mitgliedern der Gesellschaft getragene Virtual-Reality-Brille gaukelt den Menschen eine ideale Welt vor. In diese begeben sich die Menschen freiwillig und gern. Die virtuelle Welt passt sich den individuellen Wünschen des jeweiligen Trägers an. Das Tragen der Brille wirkt wie eine Droge.
Der Staat investiert vor allem Geld in die Brillen und die Perfektionierung der darin zugänglichen virtuellen Welt. Ansonsten gibt er viel Geld für das Militär aus, das in der realen Welt jederzeit bereit ist, regierungskritische Strömungen im Keim zu ersticken. Ansonsten zieht sich der Staat aus dem öffentlichen Leben weitestgehend zurück. Der Klimaschutz wird vom Staat nicht mehr gefördert, Schulgebäude nicht mehr finanziert. Man lernt jetzt über Handy-Apps und virtuelle Klassenzimmer.
Eine Szene, die sich im Jahr 2037 zugetragen hat…
Ein älteres Ehepaar, Bärbel und Bruno, sitzt im Wohnzimmer. Ihre ältere Enkelin Lara ist zu Besuch.
Bärbel redet im starken Sächsisch über den Klimawandel. Alle wollen eigentlich einen Spaziergang machen und bemerken, dass es draußen nicht schön ist.
Erst Türklingeln, kurz darauf Telefonklingeln.
Opa Bruno will das Telefon abnehmen und wirft es versehentlich runter. Seine jüngere Enkelin Laura ist dran. Sie steht vor der Haustür der Großeltern, aber keiner macht ihr auf. Laura hat Angst, da sie verfolgt wird.
Bärbel und Bruno lassen Laura herein. Sie setzen sich zusammen ins Wohnzimmer und beginnen eine Diskussion über Lauras regenbogenfarbene Halskette. Die Großeltern reden auf Laura ein, dass es sehr gefährlich sei, eine solche Halskette zu tragen. Diese sei ein rebellisches Symbol gegen das Regime von Peter Schnodt. Und der verfolge alle, die gegen die Regierung sind.
Um die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen, leihen Laura und Lara ihren Eltern ihre VR-Brille. Diese probieren die Brille zum ersten Mal aus. Sie sehen sich gegenseitig 50 Jahre jünger und verschwinden in einem anderen Zimmer und vergnügen sich.
Die ‚Rebellin‘ Laura hält es zu Hause nicht mehr aus, da dort, wenn man sich mal nicht streitet, eine total unterkühlte und lieblose Atmosphäre herrscht. Laura verlässt ohne VR-Brille und trotz Furcht vor dem Militär die Wohnung und macht sich auf zu einer Demonstration. Dort wird sie verhaftet.
Die Großeltern haben sich inzwischen ausgetobt und kommen zurück in das Wohnzimmer. Das Telefon klingelt. Eine Stimme informiert Bärbel, Bruno und Lara, dass Laura im Gefängnis ist.
Alle drei hatten schon immer etwas gegen die regierungskritische Meinung von Laura. Sie sind weder überrascht noch traurig. Bärbel und Bruno haben inzwischen die von den Enkeln geliehenen Brillen abgelegt. Alles ist jetzt wie immer: Bärbel und Bruno fangen an, über das Wetter zu meckern. Lara setzt sich wieder ihre VR-Brille auf. Ihre starren Gesichtszüge lockern sich, ihre Stimmung wird immer besser. Nach einer halben Minute sieht sie glücklich aus. Sie ist jetzt ganz in der virtuellen Welt.