Die Ständegesellschaft von morgen

Ein Zeitreisebericht aus dem BIP Kreativitätsgymnasiums vom 13. bis 14. Dezember 2018 (Gruppe 2)

Deutschland hat sich zu einer ausgeprägten Ständegesellschaft (zurück)entwickelt. Aus sozialer Sicht erinnert das System an die Zeit um das Jahr 1800. In den sogenannten Kantonen lebt die Oberschicht. Hier findet man die Hauptsitze der einflussreichen Firmen und Konzerne. Die „Kantonianer“ leben in modernen Wohnhäusern und profitieren von einem umfassenden Bildungs- und Unterhaltungsangebot. Die schlecht verdienende Bevölkerung führt ein Leben in ländlichen Regionen. Aufgrund der wenig vorhandenen Aufstiegsmöglichkeiten und einer hohen Kriminalitätsrate herrscht bei den „Provinzlern“ Frustration und Resignation vor. 

Wenn sie Arbeit haben, schuften sie 60 Stunden pro Woche. Mit dem hart verdienten Geld lässt es sich geradeso überleben. Viele sind zudem vollkommen erwerbslos. Zwar gibt es für die Provinzler die Möglichkeit, über Wettbewerbe und ein 1,0-Schulzeugnis Kantonianer zu werden. Allerdings gelingt dies nur sehr wenigen. Diese theoretische Aufstiegsmöglichkeit sorgt als attraktiver Anreiz dafür, dass die Provinzler nicht rebellieren. Viele leben so in dem Glauben, dass sie ihr Schicksal in den Händen haben, also nur fleißig genug sein müssen. 

Um die Bewohner der ländlichen Regionen darüber hinaus still zu halten, versprechen die Kantonsvertreter vor allem im Wahlkampf, sich der Probleme der Provinzler anzunehmen. Zu diesen ‚Herausforderungen‘ zählen vor allem die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit aufgrund der Automatisierung und die Auswirkungen des Klimawandels. Die Oberschicht bestimmt über massive Korruption die Politik. In populistischen Wahlkämpfen, die an Propagandaschlachten erinnern, schaffen es die Kantonsvertreter immer wieder, einen Teil der Bevölkerung für sich zu gewinnen. Viele Stimmen werden auch direkt gekauft, so können sich die Ärmsten der Armen zumindest für eine Weile über Wasser halten.


Eine Szene, die sich im Jahr 2038 zugetragen hat…

Szene 1 in der Provinzwelt

V: Henriette, bitte geh nicht, verlass uns nicht.

H: Vater, ich habe diesen Wettbewerb gewonnen und es ist nun mal die Regel, dass ich jetzt ins Kanton wechseln muss.

V: Tu es nicht, Henriette! Du bist Teil des Systems, mit Köpfen wie Dir haben wir in Würselen die Chance, unabhängig von den Kantonen zu werden.

H: Aber ich kann Euch doch versorgen, ich werde Euer Leben verbessern.

V: Das ist genau das, was sie wollen. Sie wollen, dass wir von den Kantonen abhängig sind und niemand die Chance hat, ein Leben wie sie zu führen.

H: Das ist nun mal das System. Wir haben es doch versucht – erinnerst Du Dich nicht an die letzten Proteste? Lass mich meine Chance nutzen, ich habe es verdient!

V: Leb wohl, vergiss mich nicht!

H geht.

Szene 2 im riesigen Konzern IFNPE, einem Global Player der Kantonwelt (Vorstellungsgespräch)

A: Herzlich willkommen in Kanton! Wir hoffen, Sie hatten keine Probleme bei der Grenzüberquerung?

H: Nein, es war alles ok. Es verlief ohne Probleme.

B: Frau Dumont, wir freuen uns sehr, dass Sie sich hier bei IFNPE bewerben. Was führt Sie zu uns?

H: Ich habe den Wettbewerb der Wissenschaft in Würselen 5 gewonnen. Man hat mir gesagt, ich solle mich hier bewerben.

C: Dumont – hm, kein deutscher Name. Sind Sie Klimaflüchtling?

H: Ja, früher lebten wir in Marseille an der Küste Frankreichs. Als der Meeresspiegel stieg, wurde unser Haus zerstört und wir flohen nach Deutschland. Hier mussten wir nach Würselen 5 ziehen, da die Flucht uns zu viel gekostet hat.

B: Nun denn, Ihnen ist sicher bewusst, dass unser Konzern eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt. Wir entwickeln klimaresistente Pflanzen, die unsere Nahrungsmittelversorgung in Zukunft sichern sollen.

A: Bei dieser Vielfalt an Konzernen – warum genau unserer?

H: Ich möchte das Überleben der Bevölkerung und vor allem meiner Familie in Würselen 5 sichern.

C: Beim Stichwort Familie – waren Ihre Eltern bei den Protesten im März beteiligt?

H: Nein!

A: Ihnen ist doch bewusst, dass diese Proteste Ausdruck von Unwissenheit sind. Unwissenheit darüber, dass Sie ohne uns nicht existieren können?

H: Natürlich ist mir das bewusst!

A: Gut, dann ist somit die erste Hürde gemeistert.

Zu B: Zeigen sie Frau Dumont doch bitte unsere Einrichtung!

H: (zu jedem mit Handschlag) Vielen Dank!