Ein Zeitreisebericht aus dem Beruflichen Schulzentrum Delitzsch vom 11. bis 12. Juni 2018
Einige Kameras fokussieren einen bellenden Hund, der an einer Hundehaltestange befestigt wird. Die Besitzerin des Tieres greift nach der Hand ihres Kindes. Bald beginnt das neue Schuljahr, sie muss also noch einige Dinge für den Jungen besorgen. Kaum bares Geld füllt ihr Portemonnaie, sie hat einige Chipkarten, auf welchen Geldsummen gespeichert sind. Mit diesen wird sie nur einige technischen Geräte kaufen, die alte, staubige Bücher bereits ersetzt haben.
Eine allseits spürbare Überwachung treibt einige Bewohner in Depressionen und Verfolgungsängste. Wer will schon ganzzeitig auf Bildschirmen beobachtet werden. Wer oder was einen genau beobachtet, ist allerdings eher ungewiss. Es könnte die technisch raffinierte Armbanduhr sein, oder eine einzelne Drohne, Kameras oder neuen Arbeitsroboter – man weiß es nicht. Trotz der leistungsfähigen Technologie umhüllt Stille die einzelnen Straßen, die lediglich von lautlosen Elektroautos befahren werden. Nur wenige Menschen lesen in teuren Büchern, diese werden kaum noch gebraucht und begehrt – wozu auch, wenn man Technik hat?
Steigende Mindestlöhne und die Förderung einzelner Schlüssel-Technologien werden durch hohe Steuern finanziert. Viele Menschen tragen Gesichtsmasken und Krankheiten plagen die Gesellschaft. In riesigen Fabriken werden Tiere geschlachtet, die zuvor mit Antibiotika gezüchtet wurden und neu gebildete Keime und Bakterien fressen sich in den Organismus des Menschen. Medikamente helfen bei dieser Form der Ansteckung kaum noch. Eine Plage. Einige Menschen hoffen auf eine zweite Sintflut, da sie die Entwicklung des Menschen als Sünde sehen. „Deliver us!“ ist auf einigen Plakaten zu lesen. Englisch ist Pflichtfach und zweite Landessprache, die jeder mit Hilfe eines Chatpartners von klein auf lernt.
Eine Szene, die sich im Jahr 2038 zugetragen hat…
(Einspieler mit Musik: „Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit den Tagesthemen. Im Studio begrüßt sie Klausi Kleiber.“)
Klausi Kleiber: Guten Abend, meine Damen und Herren. Nun ist es so weit. In den ersten deutschen Großstädten finden gerade in diesem Augenblick die von Experten vorausgesagten Proteste gegen die elektronische Zahlweise statt. Die Forderung: Das Bargeld muss zurück. Hinter dieser Forderung steckt weniger das Verlangen nach alten Tagen, sondern vielmehr das Bedürfnis diesem Überwachungssystem mehr und mehr zu entkommen. Unser Reporter Thorsten Schröder ist vor Ort in Berlin vor dem Bundestag und fragt vereinzelte Protestierende, warum und wofür sie demonstrieren.
Reporter: Wie kommt es, dass Sie wieder Bargeld fordern, nachdem es damals mit breiter Unterstützung in der Bevölkerung abgeschafft wurde?
Protestler 1: Damals hatte ich Bargeldersparnisse zu Hause, für den Fall einer Bankenkrise, doch was ist heute?
Reporter: Was hat sich für Sie geändert, seitdem das Bargeld abgeschafft wurde?
Protestler 2: Die fortgeschrittene Digitalisierung hat vielen Leuten den Job genommen, weshalb eigentlich alle „schwarz“ etwas dazu verdienen müssen, da das Grundeinkommen einfach nicht reicht, um gut zu leben.
Protestler 3: Man wird nur noch überwacht und kann kaum mehr über sein eigenes Geld verfügen. Mir kommt es tatsächlich so vor, als würde mein Privatvermögen eigentlich gar nicht mir gehören. Der Staat nimmt, was er braucht und wir können nix dagegen tun. Uns reicht es jetzt!
Reporter: Herr Aydin, welche Bedeutung hat die Wiedereinführung von Bargeld für Sie?
Politiker Aydin: Es geht um unsere Freiheit. Ob sich die Überzeugungskraft und die innere Logik dieser Argumente gegen die Lobbyisten der Bargeldgegner durchsetzen werden, wird die Zukunft erweisen. Es geht im Rahmen der Digitalisierung unserer gesamten Lebenswelt um das große Thema Freiheit, die ich im Namen der Bevölkerung verteidigen werde.